Rudelzhausen.info - Hilfskrankenhaus
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Auf der Rückseite der Turnhalle der Grundschule führt ein Eingang zum Untergeschoss des Gebäudes.
Was verbirgt sich dahinter?
 
Ein Hilfskrankenhaus für den Katastrophenfall
 
Nach dem 2. Weltkrieg hatte sich eine zunehmende Rivalität zwischen den Westmächten unter Führung der Vereinigten Staaten von Amerika und dem sogenannten Ostblock unter Führung der Sowjetunion entwickelt. Der Konflikt nahm dreimal einen äußerst bedrohlichen Charakter an, so dass die Möglichkeit eines Krieges näher rückte: in der Berlin-Blockade 1948/49, in der Kubakrise 1962 und in der Auseinandersetzung um die Mittelstreckenraketen von 1979 bis 1982/83. Die Angst vor einem möglichen Atomkrieg veranlasste das damalige Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, in der ganzen Bundesrepublik Schutzbauten einzurichten.
 
So wurde der Bau des neuen Schulhauses der damaligen Gemeinde Enzelhausen 1968/67 genutzt, um ein Hilfskrankenhaus für den atomaren Ernstfall zu schaffen. Es sollte im Krisenfall als Ersatz für zerstörte oder funktionsunfähige Krankenhäuser der Umgebung dienen.
 
 
 
Die Räume der Anlage
 
Vom Haupteingang auf der Seite des Parkplatzes hinter der Turnhalle kommt man als erstes in den Aufnahmetrakt. Die Bezeichnungen der Räume zeigen deutlich die Bestimmung als Aufnahmestation im Falle einer atomaren Katastrophe. Ein Abteil für verseuchte Kleidung, zwei Zimmer für Strahlungsmessungen, ein Duschraum für die Entgiftung und eine Bekleidungskammer sprechen eine unmissverständliche Sprache.
 
  
 
Vom Aufnahmetrakt führt nur eine Tür in den Behandlungsbereich. Zwei lange Flure durchziehen den Komplex.
 
  
 
Von den Fluren sind die verschiedene Funktionsräume zu erreichen, wie Ambulanz, OP-Räume, Labor, Röntgenraum, Lager usw. Die Räume sind seit 2003 komplett leer. Warum erfahren Sie weiter unten.
 
  
 
  
 
 
Blick auf die Technik
 
  
 
Das Hilfskrankenhaus verfügt über eine Lüftungsanlage, eine eigene Wasserversorgung und zwei dieselbetriebene Stromaggregate, die von der Außenwelt unabhängig machten.
 
 
Von außen, von der Schulstraße her, ist nur das Lüftungsbauwerk sichtbar.
 
 
 
Die Geschichte der Anlage
 
Nach dem Ende des Kalten Krieges zu Beginn der 90er-Jahre wurde von der damaligen Bundesregierung eine Neukonzeption des Gesundheitswesens im Zivilschutz vorgenommen, mit bedeutsamen Änderungen. Die Zuständigkeit wurde an die jeweiligen Bundesländer übergeben. Auf die regelmäßige Überprüfung des Sanitätsmaterials, die bis dahin stattfand, wurde in der Folgezeit verzichtet. Die Wartungsstunden der Lagerverwalter wurden Schritt für Schritt immer mehr reduziert. Kontrollen erfolgten nur noch jährlich bzw. halbjährlich. Das Hilfskrankenhaus wurde umbenannt in “Schutzbauwerk”.
 
Das Bauwerk unter der Turnhalle von Rudelzhausen wurde nunmehr von der Regierung von Oberbayern verwaltet. Aus dem Jahr 2000 liegt ein Schriftstück vor mit der Aussage, dass das gesamte Sanitätsmaterial im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion für die Russische Föderation abgegeben wird. 2003 erfolgte der Abtransport des gesamten Inventars. Laut Schriftverkehr der Gemeinde entstanden aber weiterhin Wartungskosten, z. B. jeweils rund 10.000 Euro in den Jahren 2003 und 2005.
 
2006 erfolgten die Abschaltung der Luftentfeuchtungsanlage und die Kündigung der damaligen Wartungsperson. 2007 gab es dann noch als “vorbereitende Maßnahme zum Abbaukonzept öffentlicher Schutzräume” den Auftrag für ein Gutachten über eine Schadstoffbelastung (Asbest) der Anlage.
 
 
 
Zweifel am Konzept der Schutzbauten
 
Auffällig ist die Tatsache, dass in dem Bauwerk keine Bettenräume waren. Es waren auch keine Medikamente eingelagert und genauso wenig gab es eine Lebensmittelbevorratung. Damit erscheint der Nutzen eines solchen Hilfskrankenhauses im Ernstfall sehr fraglich. Die Turnhalle darüber war für die Unterbringung von Patienten im Kriegsfalle sicherlich nicht geeignet. Die Sinnfrage stellt sich auch angesichts der Tatsache, dass damals in der ganzen Bundesrepublik insgesamt 220 Bunkeranlagen gebaut wurden, die zwar teilweise viel umfangreicher waren, aber nicht einmal 2% der Gesamtbevölkerung Schutz boten.
 
Version: Nov 2020
 
 
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